Ich lese gerade den Entwurf für eine Verordnung von Europaparlament und Europarat, die das Regelwerk für die Prävention von und den Kampf gegen sexuellen Kindesmissbrauch bilden soll, kurz Dokument 52022PC0209, in den Medien bekannt als Chatkontrolle.
Das ist ein markanter, aber – so viel kann ich jetzt schon sagen – euphemistischer Titel. Denn bei der Verordnung handelt es sich nicht um eine Kontrolle (impliziert m.M.n. kontrolliert) von Chats, sondern um die verdachtsunabhängige Überwachung unserer gesamten digitalen Kommunikation, sobald diese über das Smartphone und darüber hinaus über einen Provider stattfindet, der in mehr als einem EU-Mitgliedsstaat vertreten ist oder dies anstrebt.
Meinem Empfinden nach rechtfertigt kein Zweck Mittel, die nicht weniger sind, als ein beängstigender Angriff auf unsere fundamentalsten Rechte, wie sie in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte und der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankert sind. Denn eine verdachtsunabhängige und ausnahmslose Überwachung unserer digitalen Kommunikation ist Willkür! Und damit einer Demokratie nicht nur unwürdig, sondern ein Verstoß gegen Grund- und Menschenrechte.
Wie gesagt, bin ich aber noch dabei, den Entwurf zu lesen.
Bis zum 16. Juli 2022 gibt es die Möglichkeit, Feedback zum Entwurf zu geben: Have your say
Wo gibt es Informationen zu diesem Entwurf?
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- zu allererst natürlich bei der EU selbst, genauer gesagt bei EUR-Lex – Access to European Union law: Dokument 52022PC0209
- auf der Seite des Europaabgeordneten der Piratenpartei Patrick Breyer: Chatkontrolle
- in den Medien:
- Die Tagesschau: Sexualisierte Gewalt gegen Kinder: Mehr ermitteln, mehr Täter entdecken
- The Guardian: Planned EU rules to protect children online are attack on privacy, warn critics
- heise:
- in sozialen Medien unter #chatkontrolle
- bei den Organisationen, die sich um digitale Belange kümmern: Links